In der Ausstellung „Vom Ansich zum Fürsich zum Wirsich“ stehen die Installationen von Markus Keibel der Malerei des jungen Harald Hermann gegenüber. Beide Künstler haben Konzept und Hängung im Dialog erstellt und betrachten die hierbei entstandenen Schnittmengen als einen neuen "Zwischenraum". Hierbei ist der Titel, eine Entlehnung des von Hegel geprägten Metapherbegriffs für die Zustände des Entwickelns des "an sich" und des "für sich", Inspiration und Thema zugleich.

Markus Keibels Installationen bedienen sich der Photographie, der Sprache oder auch Alltagsgegenständen. Seine Formensprache ist klar und reduziert: sie will wesentlich sein. Das Anliegen, das Markus Keibel in seiner Kunst behandelt, liegt im Begriff. Nicht als Wort, nicht als abstrakter Bedeutungsraum sondern als Frage: wie das Menschliche, das Menschsein, begrifflich behandelt werden kann und konkret bleibt, und sich nicht in abstrakten Verhältnissen verliert. Ihn interessiert nicht das Individuum, sondern die Verhältnisse der Individuen zueinander. Aktuelle Diskurse sind eine wesentliche Inspiration in der Arbeit von Keibel. Hierbei findet er in seinen minimalistischen Arbeiten eine ganz eigene Sprache. Wesentliches Thema ist die Kommunikation zwischen Menschen und deren Wahrnehmung. In der Installation "Seven Evolutionary Points of You" hat Keibel auf grossen voreinander gehängten Glasplatten in Kreisform Texte wie "Sie verstehen meine Idee" sich immer wiederholend aufgebracht. Die Penetranz der Wiederholung macht deutlich, dass permanentes Wiederholen der eigenen Ideen noch längst kein Garant für Verständigung ist.

Die Welten, die Harald Hermann durch seine Malerei entstehen läßt erinnern nicht selten an Traumlandschaften. Die Bilder wirken zusammengesetzt aus konfusen, sich überlagernden Erinnerungsfetzen, die man nicht auseinander denken kann und dabei ihrer eigenen Logik eines mehrdimensionalen Bildraums folgen. Die Verflechtung von Bildern lässt absurde Räume, skurrile Situationen und Ansichten entstehen und bildet ein hybrides Fenster in ungeahnte und ungedachte Gedankenperipherie. In dem Bild „Eingeschneit in Stammheim“ versetzt Hermann den berühmten Hochsicherheitstrackt in eine Eislandschaft. Weder der klar strukturierte Bau noch die Gletscherlandschaft dominieren, viel mehr fließen sie in einander über. Der Betrachter betritt mit den Bildern einen Raum, der sich zwischen den tatsächlichen Wirklichkeiten bewegt. Ausgangspunkt für Hermanns Malerei sind übereinander projizierte von ihm selbst erstellte Photographien. In der malerischen Umsetzung mit Acryl und Copic werden die einzelnen Motive und Landschaften schichtweise übereinander gelegt. Die Landschaft verschmilzt mit der Architektur und Objekte scheinen im Nichts darin zu schweben. Dem entspricht, daß die figurativen Elemente oft nicht zuendegemalt werden und dadurch der Assoziation Raum gegeben wird. Durch das Weglassen wird aber keinesfalls nur vereinfacht - die Unvollständigkeit ermöglicht uns erst ein weiteres Eintauchen in seine Bilderwelt.

Das freie Komponieren von Realitäten in der Malerei von Harald Hermann erzielt somit eine Distanz zur Wirklichkeit, die wie die Arbeit von Markus Keibel, den eigenen Standort, die Haltung des Betrachters hinterfragt und so eine Möglichkeit schafft, unser Dasein, unser "Wirsich", verändert zu betrachten.